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Und wo ist deine Mufasa-Stimme?

Ein sehr persönlicher Nachruf auf James Earl Jones

Tief berührt bin ich in den letzten Tagen von der Geschichte vom neulich verstorbenen James Earl Jones, der seine markante, tiefe Stimme Dark Veder  („Star Wars“) und  Mufasa („The Lion‘s Kind“) gegeben hat. Ich schaue Interviews mit ihm, in denen er darüber erzählt, wie er als stotterndes Kind in seiner Kindheit sehr wenig sprach, und wenn überhaupt, dann am liebsten mit seinem Hund. Er wurde mit 4 von seinen geschiedenen Eltern den Großeltern übergeben und war seitdem schüchtern und in sich zurückgekehrt.

Mit 11 ist aber eine Wende passiert – eine Situation, die mich seit Tagen nicht loslässt und inspiriert. Der junge Jones hat ein Gedicht geschrieben und sein Englischlehrer bat ihm darum, dieses Gedicht vor der ganzen Klasse auswendig vorzutragen, (da er ihn nicht glaubte, dass der Junge das Gedicht selbst geschrieben hat.) Und was tat James? Er hat es selbstbewusst vorgetragen, ohne einmal zu stottern. Es war also möglich, das Stottern zu überwinden. Das war ein Anfang seiner „Genesung“ und seiner großartigen Karriere als Schauspieler. Die Dichtung hat ihn gerettet, meinte er nach Jahren.

Die genauere Erklärung, die Jones für diese Situation gibt, ist, dass er in dem Moment nicht auf die anderen Menschen angewiesen war,  sondern seine eigenen Gefühle in Form eines Gedichts vortragen konnte. Einfach raus, in die Welt… Ich denke mir, das ist fast schon magisch, wenn das, was in uns schlummert, ans Licht kommt, ohne wenn und aber, ohne Stottern und Schmerzen. Wenn die innere mit der äußeren Stimmen zusammentreffen, hält uns nichts mehr auf. 

Wie oft befinden wir uns in Situationen, in denen wir uns nicht wohl fühlen, die uns sprachlos machen (mehr oder weniger buchstäblich)? Stottern ist ein sehr sichtbares Zeichen, aber unser Körper gibt uns auch diskretere Signale, wenn etwas nicht stimmt. Wir haben uns daran gewöhnt, solche Signale als Nervosität, Stress oder Reaktion auf den Druck abzutun. Wir sprechen dann so, als ob uns etwas fehlen würde. Wissen, Erfahrung, Resilienz…. Oft ist es aber eher das Wissen über uns selbst, die Selbsterkenntnis, die uns fehlt.

– Was mache ich, um in der Situation selbstbewusster aufzutreten? – höre ich von einer Coachee. Frage nach Anleitung, nach best practises, nach Übung. Ein Hilferuf.

Man könnte hier einen Schritt zurücktreten und sich die Frage stellen (offen, nicht rhetorisch):

– Was sagt dir dein Körper in diesem Moment? Und willst du das, was er dir zeigt oder andeutet, ernst nehmen oder erstmal nicht? 

Auf einer tieferen, individuellen Antwort auf diese Fragen kann eine ebenso individuelle Anleitung für Souveränität aufgebaut sein. Mit nicht trotz Körper, mit nicht trotz unserer Vorgeschichten. 

Ich habe vor Kurzem einen wunderbaren Film „The King’s Speech“ geschaut. Am Anfang wird dort auch eine Illusion genährt, dass die sprachliche Behinderung des Dukes rein „mechanisch“ behandelbar wäre, man merkt jedoch allmählich, wie der prominente Patient und der exzentrische Schauspieler-Therapeut an Grenzen von diesem „mechanischen“, muskelorientierten Ansatz kommen und wie sie tiefer in die traumatische Geschichte des Dukes eintauchen müssen, um seine Stimme zu ihrer vollen Kraft zu entwickeln. Um heute souverän sprechen zu können, müssen wir mit unserer Vergangenheit und mit uns selbst im Reinen sein – scheint eine der Gedanken zu sein, die in diesem psychologischen Film vermittelt wird.

Auch mit Blick auf die Gegenwart und unsere alltäglichen Erfahrungen lohnt sich ein tieferes Reinfühlen in die eigenen physiologischen Reaktionen. Unser Körper merkt schnell, wenn das, was uns wichtig ist mit dem, was gerade um uns herum passiert, nicht übereinstimmt. Es könnte als Clash von Werten betrachtet werden, mit dem unterschiedliche Menschen unterschiedlich umgehen. Einige stottern oder zittern in diesem Moment, andere erst nach zwei Stunden, im Konfort des Alleinseins. Noch andere sind ganz ruhig, jahrelang ruhig und professionell, bis sie irgendwann nicht mehr können. Andere ergreifen direkt die Stimme, die noch übrigbleibt. Sehr viele merken die Zeichen und Stimme ihrer Körper nicht mehr, oder erst dann, wenn sie darauf angesprochen und in eine Situation versetzt werden, in denen ihr Körper aktiviert werden kann.

Es gibt kein allgemeingültiges Rezept, aber es lohnt sich, hinzuschauen und hinzuhören, wenn wir „stottern“, egal in welcher Form, mehr oder weniger sichtbar. Wenn uns etwas wehtut, wiederholt, in bestimmten gesellschaftlichen Situationen. Es muss etwas dran sein.

Was ist deine Stimme, die, auf die du stolz bist, mit der du laut und deutlich sprechen kannst und willst?

Deine Mufasa-Stimme, die in Erinnerung bleibt.

Auch wenn James Earl Jones nicht mehr unter uns ist, seine Rollen und seine Stimme hallen nach (nicht zuletzt dank der KI – in den neueren Folgen von Star Wars wurde sie auf seine Stimme trainiert). Echos, von denen wir so viel lernen können.

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